Liebe Interessierte,
auch, wenn wir an diesem Sonntag keinen Gottesdienst miteinander feiern, so lasse ich Euch doch teilhaben an meinen Gedanken zum Sonntag Lätare.
Wochenspruch:
„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ (Johannes 12, 24)
„Lätare“: „Freuet Euch!“ – heißt der Sonntag (23. März 2020). Das Wort Lätare erinnert an einen liturgischen Gesang, der sogenannten Antiphon zum 84. Psalm. Der Sonntag „Lätare“ wurde früher auch „das kleine Osterfest“ genannt, denn mitten in der Passionszeit bietet er Texte voller Zuversicht und sogar Freude; er ist sozusagen die Atempause auf dem Weg bis Ostern, die Vorahnung des Auferstehungsfestes. Lätare zeigt den Weg zum Ziel: Die Freude wird das letzte Wort behalten, gerade da, wo wir sie am wenigsten erwarten.
Das Besondere am Sonntag Lätare ist aber auch die liturgische Farbe: kaum eine Gemeinde wird noch ein rosafarbenes Parament besitzen. Und: Es ist dies wohl auch der einzige Sonntag des Kirchenjahres, der eine eigene Blume als Symbol seines besonderen Gepräges aufzubieten hat: Die Rose, die gleichermaßen schön und dornenreich ist - zwei scheinbare Gegensätze in bemerkenswerter Harmonie.
Wunderbare Texte kommen an diesem Sonntag zur Sprache: „Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt!“ predigt da jemand, der sich in der Tradition des Propheten Jesaja versteht, und: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet!“ (Jesaja 66, 10.13). Dieser Prediger singt förmlich davon, dass Gott uns buchstäblich inmitten der Trümmer unseres Lebens nahe ist und Mut macht, denn der Sänger steht vermutlich in den Ruinen der Stadt Jerusalem, ist soeben zurückgekehrt mit den letzten Israeliten, die in Babylonien im Exil gelebt hatten. Vielleicht blickt er gerade auf den zerstörten Tempel. Nein: Gott ist nicht verstummt und wird auch nicht verstummen, sondern er wird uns dort begegnen, wo wir gerade stehen.
In diesen Zeiten tröstet mich das wirklich. Vieles scheint ja gerade in Trümmern zu liegen: soziale Kontakte, Gemeinschaft, Feste wie Konfirmationen und Ostern - alles abgesagt. Aber eben nicht abgesagt sind Glaube, Hoffnung und Liebe! Und schon gar nicht abgesagt ist Gottes Nähe zu uns, die uns über alles hinweg, was uns derzeit voneinander trennt, vereint.
Wer übrigens in diesen Tagen Kresse oder Weizen auf feuchte Watte oder in kleine Töpfe sät, hat zur Ostern einen kleinen Ostergarten - ein schönes Bild für die immer wieder aufkeimende Hoffnung.